„Derjenige, der ein Warum zu leben hat, kann fast jedes Wie ertragen.“ – Friedrich Nietzsche
Dieses bekannte Zitat von Nietzsche klingt einleuchtend und simpel. In Realität ist es jedoch etwas komplizierter. Die Herausforderungen des Lebens kommen in vielen verschiedenen Facetten. Manchmal sind es äussere Umstände wie ein Job, Geldnot oder das soziale Umfeld, die uns Schwierigkeiten machen. Manchmal sind es seelische Gründe, wie psychische Belastungen, Antriebsmangel oder ein Gefühl der Sinnlosigkeit. Alle diese Dinge beanspruchen uns, teilweise bis wir nicht mehr wissen, wie wir weitermachen sollen.
Deshalb brauchen wir für unsere Kunst ein „Warum“. Es ist dieses Ding, das wichtiger ist als alles andere. Es ist das, was uns Antrieb gibt. Es ist etwas, das wir nicht einfach wegwerfen können. Es gibt uns Halt und Motivation, wenn das Universum gegen uns verschworen scheint. Das „Warum“ ist das, was uns Kraft gibt und uns Mut macht, uns nicht unterkriegen zu lassen. Unser Grund mit der Kunst weiterzumachen, egal, was sonst noch los ist.
Doch was kann so mächtig sein? Und vor allem, wie finden wir es?
Zunächst einmal müssen wir unterscheiden zwischen gesunden und ungesunden „Warums“. Ungesund bedeutet hierbei, dass es uns langfristig keine Stütze ist, sondern lediglich zu innerem Druck, Frust und weiteren Problemen führt. Also Dinge, die uns unsere Energie rauben, statt uns welche zu geben. Beispiele für Beweggründe dieser Art sind:
- Um berühmt zu werden
- Um reich zu werden
- Um anderen etwas zu beweisen
- Um Aufmerksamkeit zu bekommen oder beliebt zu sein
- Um ein „besseres Leben“ zu erlangen
„Wieso denn? Was ist falsch daran, Erfolg zu wollen? Und ich werde es XY wirklich zeigen!“ – Das ist in Ordnung. Ich träume auch immer noch vom grossen Bestseller, keine Frage. Aber diese Dinge sollten ein Plus sein und nicht zum Selbstzweck existieren.
Alle oben genannten Gründe kommen direkt von unserem Ego, sprechen die narzisstische Seite in uns an (jeder Mensch besitzt Narzissmus, lediglich in verschiedenem Masse). Sie versprechen uns ein Hochgefühl; Wenn ich tausend Likes für einen Post bekomme, freue ich mich in dem Moment. Wenn ich eine Million Bücher verkaufe, macht mich das kurz glücklich. Vielleicht kann ich sogar meinen öden Job an den Nagel hängen, weil ich dann reich bin. Womit ich mir ein Haus auf dem Land leisten kann, wo ich meine Ruhe habe. Und so weiter und so fort. Doch dieses Denken ist trügerisch, denn all dies sind lediglich Äusserlichkeiten. Diese Dinge mögen zu unserem Komfort beitragen, aber das Hochgefühl bleibt oberflächlich und verfliegt genau so schnell, wie es gekommen ist.
Materielle Freuden dürfen zwar ihren Platz haben, machen aber stets nur kurzfristig Spass. Veränderte Umstände erscheinen uns so lange besser, bis wir die Schattenseiten derselben kennenlernen. Plötzlich stehen wir wieder am gleichen Punkt wie zuvor. Wir sind erneut unzufrieden und denken: „Aber wenn ich jetzt DAS erreiche, dann, dann wird es mir gut gehen …“ Das führt dazu, dass wir uns verkrampfen und nur noch um des Ziels willen und nicht für die Sache arbeiten. So verlieren wir eher früher als später die Freude an unserer Kunst.
Wahres Glück besteht nicht darin, ein Hindernis verschwinden lassen zu können, sondern darin zu wissen, wie man selbiges handhabt. Die Möglichkeit zu haben, sich untendurch zu graben, darüber zu klettern, oder es zu verschieben. Zu entscheiden, was davon einem genehm ist. Welche dieser Anstrengungen uns sinnvoll erscheint.
Deshalb ist es ratsam, unser Warum nicht von der Änderung äusserer Umstände abzuleiten, sondern aus inneren Beweggründen, die unabhägig davon bestehen. Beispiele:
- Um etwas zu verarbeiten (z.B. traumatische Erfahrungen, psychische Krankheiten, die Welt allgemein)
- Um Erfahrungen zu teilen (evtl. sogar in der Hoffnung, anderen damit helfen zu können)
- Um ein Anliegen zu unterstützen (z.B. Rechte von Benachteiligten, Sensibilisierung für ein Thema, politische/gesellschaftliche Themen etc.)
- Um bestimmte Personen zu ehren (z.B. nahestehende Verstorbene)
- Um bestimmte Personen zu erfreuen (wie Familienmitglieder und Freunde)
Das sind die gesunden Gründe. Jene, die uns nicht frustrieren werden, weil sie über die Befriedigung unseres Egos hinausgehen. Diese Dinge bleiben auch dann noch wichtig, wenn sie keine Likes und kein Geld bringen. (Und wenn sie es tun, freuen wir uns umso mehr). Sie sind grösser als wir selbst. Haben einen Sinn, der nicht einfach schwindet, sobald wir „es“ erreicht haben. Diese Art von Warums liefert nicht nur Antrieb, Mut und Motivation, sondern auch jede Menge Stoff für Inhalte.
Aber wie finden wir heraus, welches unsere Gründe sind?
Nun, das ist der schwierige Teil: Oft ist einem dieses Warum nicht auf Anhieb klar. Man muss tief in sich hineinhören, vielleicht mehrere Möglichkeiten antesten, und vor allem: brutal ehrlich zu sich selbst sein. Man muss den Mut finden, in der eigenen Seele zu graben. Was ist dir wirklich soo wichtig, dass du nicht nur darüber sprechen möchtest, sondern musst? Welche Dinge/Themen/Menschen bedeuten dir etwas? Woran liegt das? Was sind die Probleme, mit denen diese Menschen zu kämpfen haben? Wenn du etwas daran ändern könntest, was wäre das? Wem willst du helfen und wieso?
Vielleicht kennst du die Antwort schon, vielleicht möchtest du noch eine Weile darüber nachdenken. Es können auch mehrere Dinge sein, die sich miteinander verbinden oder nebeneinander existieren. Das „Warum“ kann sich im Verlauf unseres Lebens ändern, wenn wir z.B. bestimmte Erfahrungen machen oder neue Erkenntnisse erlangen. Das ist alles in Ordnung. Wichtig ist nur, dass wir dieses „Warum“ haben.
Wenn du es gefunden hast, machst du dich an die Arbeit. Denke daran, das „Warum“ muss nicht zwangsläufig in dein Werk einfliessen. Du brauchst es vor allem für dich selbst, als Antrieb, Motivation und für dein Sinngefühl. Es ist dein Grund, mit deiner Kunst weiterzumachen.
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