Zugegeben, dieses Jahr fällt mir der Rückblick schwer. Ich habe das Gefühl, in mir sind tausend Dinge passiert – über die ich jedoch nicht sprechen kann. Viele der Gedanken, die ich in diesem Jahr hatte, sind bei mir selbst noch nicht ganz angekommen, müssen noch reifen und in eine konkrete Form finden. Deshalb kann ich über diese Dinge nicht sprechen.
Also, was sollte ich euch erzählen? Während ich mit dem Chaos in meinem Kopf hier sitze und das Gefühl habe, alle anderen hätten mehr Durchblick als ich. Aber ich kann hier schlecht darüber schreiben, dass man sich nicht vergleichen und sich auf die eigene Entwicklung konzentrieren soll und dann selber genau das Gegenteil tun, richtig? 😉
Deshalb habe ich aufgeschrieben, was ich in diesem Jahr eigentlich alles so gemacht habe. Folgendes ist dabei herausgekommen:
Ich habe
- Eine neue Gesangslehrerin kennengelernt
- Wasserfarben ausprobiert
- Mein Langzeit-Manuskript beendet
- Diesen Blog mehr oder weniger regelmässig betrieben
- Ein paar Rezi-Videos erstellt
- Gaanz viel gezeichnet und darin endlich meinen Stil gefunden
Wenn ich das so aufliste, wird mir klar, dass es viel mehr ist, als ich dachte. Dafür, dass ich gefühlt «nichts» zustande gebracht habe, sind doch einige Sachen zusammengekommen, die mir neue Errungenschaften und Erkenntnisse eingebracht haben. Im folgenden möchte ich euch letztere genauer erläutern.
Erkenntnis Nr. 1: Verfolge nur das, wobei dir auch der Prozess Spass macht
Es war in einer Stunde mit der neuen Gesangslehrerin. Sie erklärte, ich solle die Übungen, die sie mir gegeben hatte, jeden Tag zehn Minuten lang durchführen. Diese zehn Minuten waren mir zu viel. Ich erzählte ihr, dass ich keinem fixen Plan nachgehen könne, da ich ja auch noch zeichnete und schrieb. Da sagte sie in etwa: «Aber wie möchtest du in etwas Experte werden, wenn du nicht bereit bist, den Effort dafür aufzubringen?» Zuerst wollte ich ausrufen «Tue ich doch!», aber in den Wochen darauf sickerte die Wahrheit bei mir ein: Es stimmte. Ich war nicht bereit, den Effort für das Singen aufzubringen. Ich sang nicht, um Experte darin zu werden, sondern lediglich, um meine Gefühle zu kanalisieren. Die Tätigkeit an sich mag ich, den Prozess, um es (nach meiner Definition) «gut» zu lernen, nicht. Ich musste feststellen: Ich hatte damit mehr Stress als Spass. Also stampfte ich das Lernen ein. Es war eine gute Entscheidung.
Erkenntnis Nr. 2: Auf meine tiefste innere Stimme zu hören und entsprechend zu priorisieren
Letztes Jahr hatte ich Wasserfarben zu Weihnachten geschenkt bekommen. Ich war fasziniert davon und wollte lernen, damit umzugehen. Ebenso begeisterten mich diese schönen, aquarellen Traumlandschaften, die manche Künstler*innen malten. Doch immer, wenn ich Landschaften malte, langweilte ich mich, noch bevor ich den Himmel fertig hatte. Lieber wollte ich mich meiner nächsten Porträt-Idee widmen, das Gesicht von dieser oder jener Person zeichnen – oder auch die Protagonisten meines eigenen Buches. Eine Weile lang dachte ich, es läge an einem Mangel an Übung. Jeodch hatte ich nicht die Ausdauer, mehr zu üben, denn ich fand die anderen Motive ja spannender. Mir verleideten die Landschaften meistens kaum, dass ich begonnen hatte, und eine Weiterentwicklung blieb ebenfalls aus. Natürlich, denn auch hier wieder: Wie wollte ich besser werden in etwas, das ich nur halbherzig tat? Inzwischen habe ich beschlossen, mich vorerst wieder Gesichtern zu widmen.
Beim Schreiben hatte ich ähnliche Erfahrungen. Dieses Langzeitprojekt hat mir gegen Ende hin fast den letzten Nerv geraubt und ich hatte ein paar Mal Impulse, bestimmte Dinge nochmals komplett zu ändern. Doch ich wusste immer, wenn ich das täte, würde ich alles zerstören. Zudem habe ich mich ja aus Gründen für diese oder jene Wendung und Darstellung entschieden; Gründe, die mir mein Herz einst vorgegeben hatte. Also bin ich dabei geblieben und ich glaube, das Resultat kann sich sehen lassen. (Das dürft ihr dann aber nächstes Jahr selber beurteilen. ;-))
Erkenntnis Nr. 3: Zurückrudern ist manchmal besser
Mein geliebtes Schreibprojekt «D&D» war auch dieses Jahr wieder der reinste Krampf. Trotz einem echt starken Plottwist, den ich zunächst für die Lösung hielt, auf die ich solange gewartet hatte, wollte es einfach nicht so recht. Ich fand kaum einen Zugang dazu, musste einige Charaktere regelrecht in die Geschichte hineinboxen und mich zwingen, jedes Wochenende das Dokument zu öffnen. Dabei entstand zwar ein Entwurf, eine Arbeitsbasis, aber das meiste davon ist für die Tonne (wirklich. Die gute Phase beginnt nämlich erst jetzt.)
Ich habe versucht, mich durchzumogeln, das ganze trotz all dem Unmut voranzutreiben und zu einem halbwegs guten Ende zu bringen. Dreimal dürft ihr raten, wie das gelaufen ist. Ja, richtig, es klappte natürlich nicht. Ich kam keinen Schritt weiter. An dieser Stelle hätte ich Pause machen und zurückrudern sollen. Das habe ich nur lange nicht getan, bis in den letzten paar Wochen, als das Universum mir quasi eine Zwangspause auferlegte. Plötzlich waren da Dinge, die in meinem Kopf so viel Platz einnahmen, dass ich gar nicht mehr in der Lage war, weiter an dieser Geschichte herumzukauen.
Das war jedoch das Beste, was passieren konnte, denn so habe ich die Geschichte, jetzt gegen Ende des Jahres, plötzlich mit neuen Augen gesehen – und den wahren Error darin entdeckt.
Erkenntnis Nr. 4: Manchmal braucht man Zeit im eigenen Kopf – ohne Produktivitätszwang
Im Herbst hatte ich eine üble Zweifelsphase. Eigentlich hatte ich schreiben wollen. Doch plötzlich zweifelte ich an allem: An dem, was ich schreiben wollte, an diesem Blog, an meinen Fähigkeiten in irgendetwas. Sogar die Zeichnungen, an denen ich arbeitete, konnte ich nicht beenden. Es hatte sich angefühlt, als würde mein ganzes Leben infrage stehen. Ich wusste überhaupt nichts mehr. Ob ich auf dem richtigen Weg war, ob irgendetwas, was ich tat, überhaupt Sinn ergab oder wie ich weitermachen sollte.
Und dann hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich meine zwei Ferienwochen nicht so für kreative Projekte nutzte, wie geplant. Doch ich war gar nicht in der Lage dazu. Meine Gedanken nahmen so viel Raum ein, dass ich keine Gehirnkapazität für irgendetwas anderes als einfach nur zu funktionieren übrig hatte. Ich konnte froh sein, wenn meine geringe Konzentration fürs Lesen oder Seriengucken reichte. Da wurde mir klar: Jetzt auch noch Kreativität erzwingen zu wollen, würde zu nichts Gutem führen. Also erlaubte ich mir, einfach in diesem Zustand zu sein und – nun ja, liess den Zustand sein. Bis er abflaute. Denn das tat er letztendlich, weil ich einige dieser Gedanken aufräumen konnte. Was aber nicht möglich gewesen wäre, hätte ich es nicht erlaubt.
Also, alles in allem, war das ein recht ereignisreiches Jahr für mich. Manches werde ich ins nächste weitertragen, um es dort weiterzubearbeiten, manches ist abgeschlossen. Doch so ist es immer. Es geht alles immer weiter, egal zu welcher Zeit, egal, wie viel wir gerade tun oder nicht. Manchmal passiert mehr als wir denken, während wir das Gefühl haben, es laufe gerade nichts.
In diesem Sinne: Ich werde Projekt «D&D» ins nächste Jahr mitnehmen, die Veröffentlichung meines Langzeitprojektes und ein paar andere Dinge. Pläne habe ich sonst jedoch fast keine. Ich bin einfach nur gespannt, was das neue Jahr bringen wird.
Zu guter letzte habe ich noch etwas Input für euch: Was habt ihr dieses Jahr gelernt? Was ist euch gelungen, was nicht? Was sind eure Hoffnungen und Erwartungen für das kommende? Was davon liegt in eurer Macht und was nicht? Wenn ihr mögt, dürft ihr mir gerne in den Kommentaren davon erzählen, aber die Fragen sind vor allem für euch.